Generationengerechtigkeit – Alle Miteinander für künftige Generationen

Veröffentlicht am 17.07.2007 in Allgemein

Fraktionsübergreifende Initiative zur institutionellen Verankerung von Generationen- gerechtigkeit im Grundgesetz.

Sabine Bätzing, Mitglied der SPD Bundestags- Fraktion und Drogenbeauftragte der Bundesregierung, gibt Antwort auf die Frage:
Ist die Initiative der jungen Abgeordneten aller Parteien Altenfeindlich?

Bilder, wie dieser Cartoon, gehen vielen durch den Kopf, wenn sie das Wort "Generationengerechtigkeit" hören oder darüber diskutieren.

Nein, das ist damit nicht gemeint. Darum geht es genau NICHT!

Was ist Generationengerechtigkeit ?

Generationengerechtigkeit ist nach der Definition der Weltkomission für Umwelt und Entwicklung (Brundtland- Kommission) folgendes:

"Nachhaltige Entwicklung ist eine Entwicklung, die den Bedürfnissen der heutigen Generation entspricht, ohne die Möglichkeiten künftiger Generationen zu gefährden, ihre eigenen Bedürfnisse zu befriedigen"

Zugegeben, diese Definition ist etwas gestelzt. Einfacher ausgedrückt ist das Konzept der Generationengerechtigkeit ein Teil des Nachhaltigkeitskonzeptes und verknüpft die Bedürfnisse der heutigen Generation mit den Lebenschancen künftiger Generationen. Die Gestaltungsspielräume der heutigen Generationen und der künftigen Generationen sollen demnach in einem ausgeglichenen Verhältnis stehen. Der Staat hat in seinem Handeln nicht nur die gegenwärtigen Interessen zu berücksichtigen, sondern auch die Interessen künftiger Generationen.

Die Initiative "Generationengerechtigkeit ins Grundgesetz" (GgiGg)

Von daher haben haben sich einige Abgeordnete fraktionsübergreifend zu einer Initiative "Generationengerechtigkeit ins Grundgesetzt" zusammengeschlossen. Wir verfolgen das Ziel, die Generationengerechtigkeit als Staatsziel im Grundgesetz zu verankern. Im Rahmen zweijährigen konstruktiven Beratungsprozess unter Einbeziehung zahlreicher Verfassungsrechtler entstand daraus ein konkreter Gesetzesentwurf zur Änderung des Grundgesetzes, der in der 16. Legislaturperiode in den Deutschen Bundestag eingebracht wurde.

Den Kern der Gruppe bilden die Iniatioren (alphabetisch): Sabine Bätzing (SPD), Daniel Bahr (FDP), Alexander Bonde (Grüne), Peter Friedrich (SPD), Michael Kauch (FDP), Astrid Klug (SPD), Dr. Günter Krings (CDU), Anna Lührmann (Grüne), Stephan Mayer (CSU) und Jens Spahn (CDU).

Warum brauchen wir Generationengerechtigkeit ?

Politischen Entscheidungen in Demokratien wohnt ein Strukturproblem inne, nämlich eine Tendenz zur Bevorzugung der Gegenwart und zur Vernachlässigung der Zukunft. Wer Wahlen gewinnen will, orientiert seine Konzepte legitimerweise an den Bedürfnissen der aktuellen Wählerinnen und Wähler. Die Umsetzung der politischen Konzepte ist aber in Zeiten des demografischen Wandels und knapper werdender Ressourcen immer häufiger mit weitreichenden Konsequenzen für zukünftige Generationen verbunden.

Gehen wir heute fair mit den künftigen Generationen um ?

Die Gerechtigkeit zwischen den Generationen wird dabei zunehmend verletzt. Aktuelle Probleme werden vielfach heute nicht gelöst, sondern mit den damit verbundenen Lasten auf morgen verschoben. In der Umwelt- und Energiepolitik reichen die irrevesiblen Auswirkungen gegnwärtigen Handelns besonders weit in die Zukunft. Die natürlichen Ressourcen stehen nur in begrenzten Umfang zur Verfügung und ihr weltweiter übermäßiger Verbrauch bedroht die Lebensgrundlagen künftiger Generationen. Angesichts leerer öffentlicher Kassen unterbleiben wichtige Zukunftsinvestitionen, zum Beispiel in Bildung und Forschung, gehen zu Lasten der Zukunftspersoektiven junger und künftiger Generationen. Die in den letzten Jahrzehnten angehäuften impliziten und expliziten Schulden in den öffentlichen Haushalten und in den Sozialversicherungssystemen treiben die nächsten Generationen in eine Schuldenfalle. Sie verlieren dadurch die Freiheit zu eigenständiger Gestaltung der Politik.

Was will die Initiative GgiGg ?

GgiGg will Generationengerechtigkeit als Staatsziel verankern, um den Interessen künftiger Generationen Rechnung zu tragen. Auch wenn wir heute im Einzelnen nicht wissen, was künftige Generationen als ihre Bedürfnisse begreifen werden, müssen wir uns heute wenigstens darum kümmern, dass sie die Wahlfreiheit haben und selbst entscheiden können, wie sie leben möchten. GgiGg will für die langfristige Wirkung politischer Entscheidungen sensibilisieren und dafür werden, dass heutige Generationen auch Verantwortung für künftige Generationen übernehmen. Wie wollen eine Diskussion in Politik und Gesellschaft darüber anregen, wie die in jeder Demokratie angelegte Kurzatmigkeit und Schnelllebigkeit zugunsten langfristiger Verantwortung und Zukunftsfähigkeit überwunden werden kann.

Jung gegen Alt ?

Die Initiative steht für ein Bündnis der Generationen. Nicht für einen "Kampf" zwischen den Generationen. Generationengerechtigkeit heißt für uns, dass die Generationen füreinander Verantwortung übernehmen – die Jungen für die Alten, die Alten für die Jungen und alle gemeinsam für die noch nicht geborenen Generationen. Wir sind überzeugt davon, dass sich die beschriebenen Zukunftsprobleme nicht gegeneinander, sondern nur miteinander lösen lassen. Wir wollen alle heute lebenden Generationen für das Ziel gewinnen, das die noch nicht geborenen Generationen gleiche Chancen auf ebenso hohe Lebensqualität haben, wie wir sie genießen. Jung und ALt können nur gemeinsam dafür sorgen, dass die Gestaltungsspielräume künftiger Generationen nicht zerstört werden. Deshalb wird die Initiative sowohl von jüngeren als auch von älteren Bundestagsabgeordneten (z.B. Hertha Deubler- Gmelin, Hermann Scheer) unterstützt.
Die Solidarität zwischen den Generationen baut in vielen Bereichen auf dem Generationenvertrag auf. Wir wollen dieses Solidarprinzip auch für die Zukunft erhalten. Die Aktzeptanz für den Generationenvertrag setzt voraus, dass diejenigen, die heute und in Zukunft den Generationenvertrag tragen, darauf vertrauen können, dass er auch dann noch trägt, wenn sie auf Leistungen angewiesen ind. Generationengerechtigkeit beschränkt sich dabei nur nur auf das Rentensystem. Es geht um die Sicherung einer umfassenden Gerechtigkeitsbalance in allen Gebieten. Zur Generationengerechtigkeit gehören daher auch eine zukunftsfähge Finanz- und Steuerpolitik, moderne Bildung, gute Infrastruktur, intakte Umwelt, nachhaltiges Wirtschaften und Frieden.

Warum ausgerechnet das Grundgesetz ?

Generationengerechtigkeit als Staatsziel im Grundgestz drückt eine verfassungsrechtliche Werteentscheidung aus. Staatszielbestimmungen sind Verfassungsnormen, die die Staatsgewalt auf die Verfolgung eines bestimmten Ziels rechtsverbindlich festlegen. Aus einer Staatszielbestimmung können die Bürger allerdings keine individuellen Ansprüche ableiten.
Grundsätzlich verpflichten Staatszielbestimmungen alle Staatsgewalten, doch richten sie sich primär an den Gesetzgeben, der zu ihrer Verwirklichung aufgerufen ist. Bei der Frage, wie er das Staatsziel umsetzt, hat der Gesetzgeber Gestaltungsfreiheit. Staatszielbestimmungen legen also weder den Weg noch die Mittel der Zielverwirklichung fest, sondern überlassen die Wahl der zuständigen Staatsgewalt. Das Staatsziel Generationengerechtigkeit stellt also dem Staat die Aufgabe, sagt aber nichts darüber aus, wie diese Aufgabe im Einzelnen zu verwirklichen ist. Nur wenn der Gesetzgeber untätig bleibt, obwohl offenkundiger Handlungsbedarf besteht, kann dies zu einer Verfassungswidrigkeit führen. Das Risiko, dass mit einem neuen Staatsziel zusätzliche positive Entscheidungsgewalt an das Bundesverfassungsgericht abgetreten wird, ist nur dann gegeben, wenn die Politik das Staatsziel nicht ausreichend ernst nimmt.

Warum eine fraktionsübergreifende Initiative ?

Solide Staatsfinanzen, funktionierende Sozialversicherungssysteme und der Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen sind langfristige Ziele, die in einem föderalen Staat wie Deutschland nur in einem breiten Konsens nachhaltig sichergestellt werden können. sich gegenseitig blockierende politische Kräfte schaden der Zukunftsfähigkeit und der Generationengerechtigkeit. Wir wollen mit unserer Initiative Gemeinsamkeiten betonen, ohne das Trennende zu verschweigen. Im Ziel sind wir uns einig, über den Weg zu mehr Generationengerechtigkeit gibt es natürlich unterschiedliche Vorstellungen. Diese bleiben auch weiter der politischen Auseinandersetzung überlassen.

Wie sieht der Vorschlag für die Grundgesetzänderung aus ?

Nach einem langen Diskussionsprozess wurde folgender Wortlaut eingebracht:

Einfügung eines neuen Artikel 20b in das Grundgesetz:

"Der Staat hat in seinem Handeln das Prinzip der Nachhaltigkeit zu beachten und die Interessen künftiger Generationen zu schützen."

Ergänzung des Artikels 109 Absatz 2 Grundgesetz (Ergänzung kursiv geschrieben):

"Bund und Länder haben bei ihrer Haushaltswirtschaft den Erfordernissen des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts, dem Prinzip der Nachhaltigkeit sowie den Interessen der künftigen Generationen Rechnung zu tragen."

Wie geht’s weiter ?

Der Antrag auf Grundgesetzänderung ist ein Aufschlag für eine konstruktive Debatte und Diskussion über Generationengerechtigkeit. Nach der Einbringung des Gesetzesentwurfes soll der Formulierungsvorschlag nun im Rahmen einer Anhörung sowohl politisch als auch juristisch diskutiert und überprüft werden.

gez. Sabine Bätzing

 

SPD-Gemeindeverband Montabaur

Tanja Machalet, MdB

www.tanja-machalet.de/internet

Hendrik Hering, MdL

www.hendrik-hering.de

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