Kurt Beck: Sommerbrief

Veröffentlicht am 13.07.2007 in Aktuell

Liebe Genossinnen und Genossen,

die „Sommerpause“ ist eine gute Zeit, Zwischenbilanz des ersten Halbjahres 2007 zu ziehen und vorausschauend auf die nächsten Monate zu blicken.

Die Anstrengungen der letzten Monate haben sich gelohnt. Die
Stimmung im Lande ist gut, die Arbeitslosenzahlen sinken, immer mehr
Menschen finden wieder Arbeit. Auch das wirtschaftliche Wachstum entwickelt sich gut.

Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten können voller Stolz sagen: das ist auch die Ernte der Politik, die wir mit der SPD- geführten Bundesregierung unter Gerhard Schröder gemacht haben. Das war nicht immer einfach. In der aktuellen Koalition haben wir Kurs gehalten. Wir haben die sozialen Sicherungssysteme für die Zukunft leistungsfähig erhalten und mit dem klugen Investitionsprogramm das Wachstum gefördert. Wir wissen, dass man mit der Urheberschaft für diese Erfolge allein die öffentliche Debatte nicht bestehen kann. Jetzt kommt es darauf an, dass es ein Aufschwung für alle wird.

Ein paar Stichworte zeigen, was wir geschafft haben: die Versicherungspflicht im Gesundheitswesen, der Rechtsanspruch auf einen Krippenplatz für die Kleinen, eine Unternehmenssteuerreform im Interesse der Handlungsfähigkeit des Staates, eine deutliche Verbesserung der Leistungen der Pflegeversicherung, die Stabilisierung der gesetzlichen Rentenversicherung, die fortschreitende Konsolidierung des Bundeshaushaltes, sinnvolle Programme, um älteren Arbeitnehmern neue Chancen auf dem Arbeitsmarkt zu verschaffen und junge Arbeitslose zu vermitteln, die Konzepte für die Beschäftigung Langzeitarbeitsloser (kommunaler Kombilohn/sozialer Arbeitsmarkt) und eine erste Etappe auf dem Weg zum gesetzlichen Mindestlohn; eine auch im Sinne unserer Ziele erfolgreiche EU- Ratspräsidentschaft: diese Bilanz kann sich aus Sicht der SPD sehen lassen.

Die nächsten Schritte folgen, auch in der Sommerpause wird weiter gearbeitet. Bei der Reform der Erbschaftssteuer sind wir auf einem guten Weg. In der zweiten Jahreshälfte wird es unter anderem darum gehen, wie vereinbart weitere Branchen in das Entsendegesetz einzubeziehen, damit möglichst viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer Anspruch auf einen Mindestlohn haben. Wir werden die arbeitsmarktpolitischen Instrumente auf Verbesserungsmöglichkeiten überprüfen und wir werden die nötige Kontrolle der internationalen Finanzströme auf der Tagesordnung halten.

Wir wollen unser Konzept der Beteiligung der Mitarbeiter am Betriebsvermögen in der Koalition voran bringen. Nach jahrzehntelangen vergeblichen Debatten haben wir mit dem „Deutschlandfonds“ den Impuls gegeben, der endlich zu mehr Beteiligung der Arbeitnehmer daran führen kann.

Im Herbst werden viele Jugendliche eine Berufsausbildung beginnen. Leider gibt es immer noch viel zu viele, die keinen Ausbildungsplatz finden. Ich erwarte von den Unternehmen, dass sie nun ausreichend Plätze zu Verfügung stellen. Es kann nicht sein, dass junge Menschen schon beim Eintritt in das Berufsleben ausgegrenzt werden. Im Übrigen empfinde ich die laute Klage mancher Wirtschaftsverbände über einen Fachkräftemangel in Anbetracht der vorherigen mangelnden Ausbildungsbereitschaft als empörend.

Wir werden auch für diejenigen Jugendlichen, die schon länger auf einen Ausbildungsplatz warten, etwas tun. Auch die Altbewerber müssen eine Chance erhalten.

Ich schreibe diesen Brief wenige Tage nach dem Energiegipfel der Bundesregierung und nach neuerlichen, zum Glück glimpflichen Zwischenfällen in älteren deutschen Atomkraftwerken. Interessierte Kreise treten immer wieder für eine Verlängerung der Laufzeiten der Atomkraftwerke ein. Ich sage ganz deutlich: es muss beim Konsens über den Ausstieg Deutschlands aus der Atomenergie bleiben. Wir bestehen auf Vertragstreue.

Die Klima- und Umweltpolitik ist eine der größten Herausforderungen für die nächsten Jahre. Die SPD hat ehrgeizige Klimaschutzziele beschlossen. Die Bundesregierung ist uns darin weitgehend gefolgt. Die Art und Weise, wie sich Vertreter der Wirtschaft dagegen zur Wehr setzen, ist nicht akzeptabel. Wir verlangen nichts Unmögliches, sondern eine große Anstrengung aller, die dazu beitragen können, dass wir auch in Zukunft wirtschaftlich erfolgreich, sozial gerecht und ökologisch verantwortlich handeln. Wir predigen keine Verzichtsstrategien, sondern setzen auf unsere Stärken: Know- how und Erfindungsreichtum, hohes Bildungs- und Ausbildungsniveau, Exportstärke – nicht zuletzt bei Umwelt- und Energiespar- Technologien.

Die Arbeitsfähigkeit der Großen Koalition ist gesichert. Die SPD bleibt ihr Motor und Ideengeber. Die Wählerinnen und Wähler können auf eine stabile und handlungsfähige Regierung vertrauen.

Neben den gemeinsamen Projekten gibt es selbstverständlich auch klar erkennbare Streitpunkte. Ich habe zum Beispiel kein Verständnis für die Position, den deutschen Markt für Postzustelldienste zu öffnen, ohne dass die europäischen Nachbarländer der Deutschen Post die gleichen Wettbewerbschancen bieten. Das ist nicht nur eine wettbewerbspolitische Dummheit, sondern auch ein hohes soziales Risiko. Wir werden daher weiter auf eine Verlängerung des Briefmonopols drängen und auf die Einbeziehung der Postdienste in den Mindestlohn hinwirken.

Mich hat die Weigerung unseres Koalitionspartners, eine Einkommensgrenze zu definieren, unter der Löhne als sittenwidrig gelten müssen, enttäuscht. Eine solche Haltung zeugt von sozialer Kälte und einer Position, die man getrost als neoliberal bezeichnen darf. Das sind deutliche Anzeichen dafür, dass die Union, würde sie durch die Koalition mit uns nicht daran gehindert, das Programm ihres Leipziger Parteitages umsetzen würde – auch wenn jetzt der eine oder andere versucht, sich im Ungefähren zu halten.

Wir arbeiten daher auch an unseren eigenen Projekten weiter. Gegen Ende des Jahres wollen wir unsere Vorschläge für einen flexiblen Renteneinstieg präsentieren. Mit den Gewerkschaften haben wir uns verabredet, ein Konzept gegen den Missbrauch der an sich sinnvollen Zeitarbeit zu erarbeiten. Mit dem Antrag „Gute Arbeit“ hat der Parteivorstand ein umfassendes Konzept vorgelegt.

Das alles zeigt, wie wichtig es ist, dass die SPD regiert. Wir werden insbesondere nach unserem Parteitag im Oktober um die Regierungsmacht in Hessen und Niedersachsen, wo Ende Januar gewählt wird, und in Hamburg, wo die Wahl im Februar stattfindet, kämpfen. Unsere Spitzenkandidatin Andrea Ypsilanti und unsere Spitzenkandidaten Wolfgang Jüttner und Michael Naumann gehören auf die Regierungsbänke.

Der Parteitag in Hamburg wird ein neues Grundsatzprogramm beschließen. Die Diskussionen und Vorbereitungen dafür laufen überall in der Partei auf Hochtouren. Der Zukunftskonvent in Hannover am 23. Juni war der bisherige Höhepunkt der Programmdebatte.

Ich bin froh, dass ich mit Andrea Nahles, Peer Steinbrück und Frank- Walter Steinmeier drei Persönlichkeiten gewinnen konnte, die als stellvertretende Vorsitzende wichtige Aufgaben auf dem Weg zur Bundestagswahl 2009 wahrnehmen werden. Mit der Konzentration der Kräfte und der Stärkung des Parteipräsidiums werden wir personell gut aufgestellt sein. Auch programmatisch werden wir uns in Hamburg auf den Feldern der Wirtschafts- und Sozialpolitik, der Klima- und Umweltpolitik, der internationalen Politik und der Kulturpolitik auf Ziele für die nächsten Jahre einigen. Unser Gestaltungswille wird ein wichtiges Signal dieses Parteitags sein.

Die gute Bilanz unserer Arbeit bisher hat viel mit den starken Bundesministerinnen und Bundesministern der SPD zu tun. Wir haben allen Grund ihnen für ihre gute Arbeit zu danken - Vizekanzler Franz Müntefering, Außenminister Frank- Walter Steinmeier, ohne den die EU- Ratspräsidentschaft einen anderen Verlauf genommen hätte, Finanzminister Peer Steinbrück, Ulla Schmidt, die nach der Gesundheitsreform nun auch eine erhebliche Verbesserung der Pflegeversicherung durchgesetzt hat, Wolfgang Tiefensee, Brigitte Zypries, Heidemarie Wieczorek- Zeul und Sigmar Gabriel.

In diesen Dank gehören eingeschlossen Peter Struck, Olaf Scholz und die ganze Bundestagsfraktion. Und auch unsere Landesregierungen, ob mit SPD- Ministerpräsidenten oder in großen Koalitionen, haben großen Anteil am Erfolg.

Im Herbst muss der Deutsche Bundestag über die Verlängerung der Afghanistan- Mandate entscheiden. Es ist richtig, dies sorgfältig zu diskutieren. Das geschieht derzeit nicht nur in der Öffentlichkeit, sondern natürlich auch in der Partei. Wir haben für die Debatte im Parteivorstand und in der Fraktion ein sinnvolles Verfahren vereinbart. Soeben hat die Bundestagsfraktion eine erste Bilanz unserer Leistungen in Afghanistan gezogen. In einer gemeinsamen Beratung von Fraktion und Parteivorstand im September werden wir alle Gesichtspunkte diskutieren und die Entscheidung des Bundestages vorbereiten. Dabei ist klar: weder können wir uns aus der Verantwortung stehlen, die wir übernommen haben, noch dürfen wir Afghanistan wieder den Kräften überlassen, die den internationalen Terrorismus unterstützen. Mit unserem Ansatz, der auf zivile Aufbauleistungen und Ausbildung zielt, sind wir beispielgebend. Wir haben damit mehr erreicht als viele glauben. Helft bitte mit, dass sich das herumspricht.

Schließlich will ich noch ein paar Sätze über die Partei verlieren, die aus der PDS hervorgegangen ist. Darüber wird ja derzeit viel gesprochen und geschrieben. Die einen – unsere Gegner - freuen sich über die Konkurrenz, die die SPD schwächen soll. Andere träumen von Koalitionen und schaden damit der demokratischen Linken. Diese „Linkspartei“ ist nicht links. Sie spaltet und spielt damit unseren Gegnern in die Hände. Sie braucht eine Koalitionsperspektive, um wachsen zu können. Den Gefallen sollten wir ihr nicht tun. Ihre Vorschläge sind unrealistisch. Ihre Sprache ist demagogisch. Ihre Haltung ist bloßer Protest gegen unsere Politik, die den Sozialstaat sicherer macht und Arbeitsplätze schafft. Sie kann nicht unser Partner sein. In Berlin und Ostdeutschland wird die ehemalige PDS von Pragmatikern geprägt, weit entfernt von dem, was sonst aus der Partei zu hören ist. Über letzteres aber wird zu diskutieren sein. Wir werden diese Debatte für uns entscheiden.

Wir wollen, dass sich Leistung lohnt - für alle – dass in Deutschland sozialer Aufstieg wieder möglich wird und niemand am Wegesrand zurückgelassen wird. So halten wir die Gesellschaft zusammen. Deshalb arbeiten wir daran, dass die SPD auch nach 2009 Regierungsverantwortung für unser Land trägt. Dabei lassen wir uns nicht beirren. Wir sind auf einem guten Weg - programmatisch wie personell. Wir machen gute Arbeit, damit es gute Arbeit für alle gibt.

Ich wünsche allen, die in der Partei, in den Kommunen und Ländern, in Bundesregierung und im Deutschen Bundestag Verantwortung tragen, eine erholsame Sommerpause und schöne Ferien.

Mit herzlichen Grüßen

Euer

Kurt Beck

 

SPD-Gemeindeverband Montabaur

Tanja Machalet, MdB

www.tanja-machalet.de/internet

Hendrik Hering, MdL

www.hendrik-hering.de

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